Einleitung
Ein zentrales Element im Qualitätsmanagement sind Corrective and Preventive Actions (CAPA). Insbesondere in regulierten Branchen wie der Medizintechnik. Sie dienen der systematischen Analyse und Beseitigung von Nichtkonformitäten sowie der Vorbeugung zukünftiger Fehler. Die Anforderungen an CAPAs sind unter anderem in der Norm ISO 13485:2016 detailliert beschrieben.
In einem vorangegangenen Blogbeitrag haben wir erläutert, was CAPAs im theoretischen und regulatorischen Kontext bedeuten. In diesem Beitrag widmen wir uns der konkreten Umsetzung: Wie kann eine CAPA-Strategie digital, nachvollziehbar und effizient in einem System wie Orcanos umgesetzt werden?
Orcanos bietet als integrierte QMS- und ALM-Plattform (Application Lifecycle Management) umfassende Möglichkeiten zur strukturierten Verwaltung und Auswertung von CAPAs. Im Folgenden erläutern wir, wie CAPAs in Orcanos modelliert, bearbeitet, ausgewertet und mit weiteren qualitätsrelevanten Prozessen wie dem ECO-Management (Engineering Change Orders) verknüpft werden können.
Warum CAPAs in einer Datenbank wie Orcanos abbilden?
Die Bearbeitung von CAPAs erfolgt häufig über Tabellen oder einfache Workflow-Systeme. Diese Methoden stoßen jedoch schnell an ihre Grenzen, wenn es darum geht, mehrere und auch komplexere oder umfangreiche CAPAs gleichzeitig zu verwalten, Verantwortlichkeiten nachzuvollziehen oder Zusammenhänge zu dokumentieren. Genau hier setzen datenbankgestützte Systeme wie Orcanos an.
Die ISO 13485:2016 verlangt eine dokumentierte Nachvollziehbarkeit von CAPA-Maßnahmen, deren Ursachen, Prüfungen, Wirksamkeit und eventueller Eskalation. Orcanos erfüllt diese Anforderungen durch strukturierte Items, die sich logisch verknüpfen und auswerten lassen. Dadurch wird nicht nur die Dokumentationsqualität verbessert, sondern auch die tägliche Arbeit erleichtert.
Ein konkreter Vorteil ist die Möglichkeit, jede CAPA-Maßnahme mit einem Verantwortlichen zu verknüpfen, eine Frist zu setzen, Fortschritte zu dokumentieren und alle relevanten Zusammenhänge zwischen den Aufgaben einfach und übersichtlich darzustellen. Das reduziert Rückfragen, erleichtert die Zusammenarbeit im Team und bietet in Audits eine stabile Datenbasis.
Darüber hinaus lassen sich Ähnlichkeiten zwischen CAPAs erkennen. Wenn beispielsweise mehrere Kundenbeschwerden zur gleichen Produktserie auftreten, lassen sich diese über Filtermechanismen gruppieren und gezielt analysieren. Die strukturierte Erfassung ermöglicht also nicht nur das Abarbeiten einzelner CAPAs, sondern ein proaktives Qualitätsmanagement.
Die Basis in Orcanos
Orcanos bietet eine Vielzahl an technischen Möglichkeiten, um CAPAs strukturiert und automatisiert zu verwalten. Dazu zählen z.B.: System Tables, Work Item List Automation, Advanced Automation Rules, Calculated Fields und die Anwendung von Filtern. Die Basis für das CAPA Modell bilden CAPA Items, CAPA Tasks, ECO Items, ECO Tasks und weitere objektspezifische Items wie Root Cause Items (siehe Abbildung), die sich individuell und je nach gelebtem Prozess konfigurieren lassen.
Zentral sind dabei die Custom Fields. Diese Felder lassen sich, wie bereits erwähnt, auf den spezifischen Prozesses zuschneiden. So können z. B. Felder wie „Betroffener Prozess“, „Fehlerbeschreibung“, „Betroffene Charge“ oder „Ursprungsland der Beschwerde“ systematisch gepflegt und später ausgewertet werden.
Zur weiteren Automatisierung kommen die Advanced Automation Rules zum Einsatz. Diese Regeln ermöglichen den automatisierten Transfer von Ergebnissen aus CAPA Tasks in das zugehörige CAPA Item. Das reduziert manuelle Arbeitsschritte, beugt Übertragungsfehlern vor und sorgt für Konsistenz. Weitere Informationen zu Advanced Automation Rules gibt es in diesem Blogbeitrag: Redundanz raus, Effizienz rein: Dokumentation smarter gestalten mit Orcanos – tecurat
Ein besonderer Vorteil ist die Traceability: Alle Items können durch Systemlogik miteinander verknüpft werden, z. B. eine Kundenreklamation mit einer CAPA, aus der sich ein ECO ableitet. Diese Traceability ist nicht nur normativ gefordert, sondern auch für das eigene Verständnis von Qualitätszusammenhängen enorm wertvoll.
Der CAPA-Prozess in Orcanos - Schritt für Schritt
Die Umsetzung des CAPA-Prozesses in Orcanos folgt einer klaren, strukturierten Logik. Diese erlaubt es, sowohl einfache CAPAs als auch komplexe, abteilungsübergreifende Vorgänge abzubilden. Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht über die Struktur des CAPA Prozesses.
Der Einstiegspunkt ist das CAPA Item. Hier wird die Nichtkonformität beschrieben und das grundlegende Problem erfasst. Die zentrale Funktion dieses Items besteht darin, sämtliche nachfolgenden Schritte zu bündeln und als Übersicht darzustellen: die Analyse, Planung, Umsetzung und Überprüfung der CAPA-Maßnahmen.
Für die operative Bearbeitung werden sogenannte CAPA Tasks angelegt. Das sind einzelne Aufgaben, die sich auf spezifische Aspekte der CAPA beziehen. Eine typische CAPA besteht aus folgenden Aufgabenblöcken:
- Root Cause Analysis: Identifikation der Fehlerursache anhand strukturierter Methoden wie 5-Why, Ishikawa oder FMEA (weitere Methoden sind diesem Blogbeitrag zu finden)
- Risikobewertung: Bewertung, ob und welche Maßnahmen nötig sind, damit die Nichtkonformität nicht erneut auftritt. Kriterien sind z. B. Schweregrad des Problems, Häufigkeit/Vorkommensrate, systemische Natur und potenzielle Auswirkungen auf Sicherheit und Konformität. Hier wird entscheiden, ob die Abweichung in den CAPA Prozess überführt wird oder nicht.
- Maßnahmenplanung: Definition von Sofort-, Eindämmungs-, Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen.
- Verifizierung: Prüfung, ob die Maßnahmen korrekt umgesetzt wurden und keine weiteren nicht Konformitäten durch die Maßnahmen verursacht wurden.
- Wirksamkeit: Bewertung, ob die Maßnahmen tatsächlich zur nachhaltigen Fehlervermeidung beitragen.
Jede dieser Aufgaben wird über ein eigenes CAPA Task Item erfasst, dem Verantwortliche, Fristen, Aufwandsschätzungen und Status zugeordnet werden können. Die Verknüpfung mit dem CAPA Item stellt sicher, dass Informationen zentral gesammelt und später automatisiert zusammengeführt werden.
Verknüpfung mit ECOs - Änderungen nachvollziehbar machen
In vielen Fällen führen CAPAs zu Änderungen an Dokumenten, Prozessen oder Produkten, z. B. wenn eine Arbeitsanweisung angepasst oder eine Prüfanlage modifiziert werden muss. Diese Änderungen müssen nachvollziehbar geplant, durchgeführt und dokumentiert werden.
Hierfür wird in Orcanos das ECO Item angelegt. Ein Engineering Change Order (ECO) stellt eine strukturierte Möglichkeit dar, Änderungen gezielt zu verwalten. Die Verbindung mit dem ursprünglichen CAPA-Prozess erfolgt über Verlinkungen auf Task-Ebene (Siehe Abbildung).
Beispiel: Im Rahmen einer Root Cause Analysis wird erkannt, dass ein Prüfschritt in der Produktionslinie zu ungenau ist, was zu einer Nichtkonformität geführt hat. Die entsprechende CAPA Task, bei der es sich um eine Maßnahme handelt, schlägt eine Änderung an der Prüfanweisung vor. Daraus wird ein ECO abgeleitet, mit eigenen Tasks wie „Dokument aktualisieren“, „QA-Freigabe einholen“ oder „Schulung durchführen“.
Dank der bidirektionalen Verlinkung ist jederzeit nachvollziehbar, welche CAPA zur ECO führte und welche Maßnahmen daraus resultierten. Diese Traceability erfüllt nicht nur die Anforderungen der ISO 13485, sondern bietet auch eine wertvolle Unterstützung während Audits.
Visualisierung & Auswertung: Dashboards in Orcanos
Ein besonderer Mehrwert datenbankbasierter CAPA-Systeme liegt in der Auswertbarkeit der gesammelten Informationen. Orcanos stellt hierfür leistungsstarke und interaktive Dashboard-Funktionen bereit, mit denen Verantwortliche jederzeit den Überblick behalten können.
Die Visualisierungsmöglichkeiten reichen von einfachen Task-Statusübersichten bis hin zu komplexen KPI-Analysen. Beispiele für häufig genutzte Auswertungen:
- Anzahl offener, überfälliger und abgeschlossener CAPAs pro Monat
- Verteilung von CAPA-Ursachen (z. B. Mensch, Maschine, Methode, Material)
- Durchschnittliche Bearbeitungsdauer nach CAPA-Typ oder Abteilung
- Heatmaps zu Reklamationshäufungen pro Region oder Produktlinie
- Anteil der CAPAs mit Folge-ECOs
All diese Informationen basieren auf den strukturiert gepflegten Custom Fields und lassen sich nach individuellen Kriterien filtern und gruppieren. So werden aus einzelnen Fehlerfällen verwertbare Daten für strategische Verbesserungen.
Fazit & Ausblick
Die strukturierte Umsetzung von CAPAs in Orcanos ermöglicht es, Qualitätsprozesse normkonform, effizient und transparent zu gestalten. Anstatt auf manuelle Prozesse oder Insellösungen zu setzen, bietet Orcanos eine einheitliche Plattform, die sowohl technische Anforderungen als auch regulatorische Vorgaben erfüllt.
Dabei ist die notwendige Vorarbeit nicht zu unterschätzen. Es braucht ein solides Verständnis der eigenen Prozesse, klare Datenmodelle und eine saubere Strukturierung. Doch der langfristige Nutzen ist hoch!
Ein zentrales Merkmal ist die Verknüpfung aller relevanten Objekte von der Nichtkonformität über die Root Cause Analyse bis hin zu ECOs und Wirksamkeitskontrollen. Jeder Schritt lässt sich logisch nachvollziehen und auswerten. Dashboards liefern jederzeit aktuelle Einblicke in offene Aufgaben, kritische Trends oder KPI-Entwicklungen. Sie ermöglichen tatsächlich messbare Prozesse und können z.B. für das Management Review verwendet werden.
Durch automatisierte Regeln wie die Advanced Automation Rules wird eine automatische, lückenlose Dokumentation ermöglicht, die Einflüsse und Zusammenhänge erkennbar macht. Außerdem werden Redundanzen reduziert. Damit lassen sich nicht nur Audits souverän bestehen. Es entsteht auch eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung.
Unternehmen, die Orcanos als zentrales CAPA-Management-Tool nutzen, schaffen eine solide Grundlage für nachhaltige Qualität. Und sie profitieren doppelt: von belastbaren Daten im operativen Alltag und von wertvollen Erkenntnissen für strategische Entscheidungen.