Technische Dokumentation für Medizinprodukte – Nach Medical Device Regulation im STED Format

MDR und Technische Dokumentation im STED Format

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Die MDR – Medical Device Regulation wurde am 25. Mai 2017 gültig und befindet sich in einer 3-jährigen Übergangsfrist. Ab dem 26. Mai 2020 muss jeder Hersteller von Medizinprodukten die MDR erfüllen. Neben vielen anderen Forderungen beschreibt die MDR eine Struktur der Technischen Dokumentation für Medizinprodukte, die von Herstellern bereitgestellt werden muss.


Kurzlinks:
Struktur nach Anhang II
Link zur offiziellen MDR Webseite

MDR (englisch) in überarbeiteter Version mit eingefügten Lesezeichen
Offizielle Leitlinien und Interpretationen

Checkliste MDR STED – Technische Dokumentation


Weitere Details zur MDR, und auch zur Umsetzung der UDI – der Unique Device Identification- befinden sich in diesem Beitrag.

Technische Dokumentation für Medizinprodukte

Hersteller von Medizinprodukten arbeiten in einer regulierten Branche. Ebenso wie Hersteller von Automobilen, Flugzeugen und Raumschiffen werden Hersteller von Medizinprodukten überwacht.

Hierfür sind Behörden und benannte Stellen vorgesehen. Unter anderem überwachen diese Stellen die Produkte die ein Hersteller auf den Markt bringt – in der Branche wird das “Inverkehrbringen” genannt, und ist in Gesetzen (dem Medizinproduktegesetz) und Richtlinien (der MDD bzw. der MDR) genau festgelegt.

Da die Stellen nicht ständig die hergestellten Produkte überprüfen können, stehen hierfür andere Wege zur Verfügung.
Nun sind nicht alle Medizinprodukte gleich, und auch nicht vergleichbar kompliziert – ein Medizinprodukt kann ein Pflaster, aber auch eine Infusionspumpe, ein Coputertomograph oder ein Teilchenbeschleuniger sein.

Es gibt deshalb auch unterschiedlichste Wege, wie diese Stellen den Hersteller und die Produkte überprüfen können.
Diese Wege sind im Anhang der Richtlinie genau beschrieben. Das war mit der MDD (Medical Device Directive) so, aber bleibt auch mit der jetzt gültigen MDR (Medical Device Regulation) gleich. Man spricht hier von den “Konformitätsbewertungsverfahren” – also zu deutsch dem Vorgehen, wie kontrolliert wird dass der Hersteller die Vorgaben einhält, also konform ist.

Bei einigen dieser Vorgehen, oder eben Anhängen, muss eine Technische Dokumentation erstellt werden.
Anhand dieser Dokumentation kann ein Prüfer (egal ob von einer Behörde, benannten Stelle oder auch einem Prüflabor) feststellen, wie das Produkt entwickelt wurde, wofür es gedacht ist, was dort enthalten ist und was geändert wurde.
Bei Bedarf kann dann auch eine Stichprobenartige Kontrolle (beispielsweise im Audit einer benannten Stelle) stattfinden, bei der der Prüfer vergleicht ob die Dokumentation mit dem Produkt tatsächlich übereinstimmt.

Wie diese Technische Dokumentation strukturiert wird, was dort enthalten sein soll und was dort dokumentiert werden soll ist jetzt in der Medical Device Regulation (MDR) ziemlich genau beschrieben. Das war zuvor in der MDD nicht so genau definiert.

Die Technische Dokumentation wird aber auch verwendet, um die Produkte in anderen Ländern zuzulassen, damit sie dort verkauft werden können.
Grundsätzlich gibt es in Europa das Konformitätsbewertungsverfahren, wie oben beschrieben. Hier darf unter anderem (bei Klasse I Medizinprodukten) der Hersteller selbst die Konformität bescheinigen. Oder es ist eine benannte Stelle beteiligt, die diese Bewertung vornimmt und dann ein Zertifikat ausstellt.

Beispielsweise in Nordamerika (den U.S.A.) gilt aber ein vollkommen anderes Verfahren – nämlich eine Zulassung.
Das Medizinprodukt darf dort erst verkauft werden, wenn die Behörde (dort die FDA) alle Unterlagen (=Technische Dokumentation + erklärende Dokumente) geprüft und das Produkt für den Verkauf freigegeben hat.

Für solches Vorgehen wurde ursprünglich auch das STED Format entwickelt – es wird nämlich nur im Ausnahmefall wirklich die vollständige Technische Dokumentation an die Behörde übermittelt.
Und für was steht STED: Summary Technical Documentation
Zu Deutsch: Zusammenfassung der Technischen Dokumentation

Medical Device Regulation (MDR), Technische Dokumentation und das STED

Bevor die MDR in Kraft gesetzt wurde, gab es eine Vielzahl an Diskussionen.

Verschiedenste Meinungen wurden kundgetan, von einem Extrem zum anderen.
Es hieß, dass die MDR gar nicht umgesetzt werden kann, dass es so nicht funktioniere und das alles beim Alten bleiben werde.
Bis zum anderen Extrem, dass die MDR die gesamte Branche eliminieren werde, und keine Medizinprodukte mehr auf dem Markt verfügbar seien.

Unter all diesen Meinungen und auch in den Entwürfen der MDR selbst waren Inhalte vertreten, die das Format der Technischen Dokumentation betrafen.
Es gab im Laufe der weiteren Entwicklung verschiedene Versionen von Erwartungen und den Inhalten in den Entwürfen der MDR.

In der nun finalen Version der MDR (genauer: 2017/745 für Medizinprodukte) sind mehrere Kapitel vorhanden, die sich ausschließlich um die Technische Dokumentation für Medizinprodukte kümmert und die Struktur und Inhalte dafür vorschreibt.

Zum einen verweisen Artikeldarauf, dass die Technische Dokumentation wie auch die Konformitätserklärung auf dem aktuellen Stand gehalten werden muss – die 2017/745 wird nicht müde das immer wieder zu betonen.

Zum anderen sind detaillierte Vorgaben an Inhalte in der technischen Dokumentation enthalten.

Medical Device Regulation und Technische Dokumentation von Medizinprodukten

Die MDR (ohne Ihre Anhänge) beschreibt zur Technischen Dokumentation:

  • (74) Hersteller sollen “systematisch und aktiv Informationen über die Erfahrungen mit ihren Produkten nach dem Inverkehrbringen zusammentragen, um ihre technische Dokumentation auf dem neuesten Stand zu halten”
  • Art. 9 (1) Für die technische Dokumentation können neben Normen auch Gemeinsame Spezifikationen (‘Common Specifications’) herangezogen werden. Diese sind noch ein weiteres Thema für sich.
  • Art. 10 (4) Hersteller verfassen eine Technische Dokumentation und halten diese Dokumentation auf dem neuesten Stand.
  • Art. 10 (4) Die Technische Dokumentation soll so beschaffen sein, dass sie eine Bewertung der Konformität ermöglicht.
    Ohne dass die MDR hier weitere Details vorgibt, kann man hieraus den Verweis auf einen allgemein akzeptierten Standard, wie das STED Format, herauslesen.
  • Art. 10 (4) Die Technische Dokumentation soll die in Anhang II und Anhang III aufgeführten Elemente beinhalten.
  • Art. 10 (8) Der Hersteller hält die gesamte Technische Dokumentation zur Vorlage bei Behörden zur Verfügung.
  • Art. 10 (8) Auf Anfrage der Behörden legt der Hersteller entweder die gesamte Dokumentation oder eine Zusammenfassung vor.
    Hier kommt der Knackpunkt. Denn die Technische Dokumentation soll vorgehalten werden, auf Anfrage aber auch eine Zusammenfassung vorgelegt werden. Es soll also beides auf Ersuchen einer Behörde vorgelegt werden können. Beim STED Format handelt es sich um eine Zusammenfassung, aber nicht um die gesamte Dokumentation. Auch hier besteht aber wieder kein direkter Bezug zu einem Format der Technischen Dokumentation.
  • Art. 11 (3) a Hersteller ermächtigen ihre Bevollmächtigten unter anderem, dass diese die Vollständigkeit der Technischen Dokumentation überprüfen dürfen.
    Das trifft insbesondere Hersteller aus anderen Ländern, die in Europa verkaufen wollen. Ein Hersteller aus Europa benötigt keinen Bevollmächtigten.
  • Art. 15 (3) b “Die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person” (so nennt die MDR die Person, die umgangssprachlich “Qualified Person” genannt wird und die auch in früheren Diskussionen zur MDR so genannt wurde) ist dafür verantwortlich “dass die technische Dokumentation und die EU-Konformitätserklärung erstellt und auf dem neuesten Stand gehalten werden”.
    Hier ändert sich die Rolle des bisherigen Sicherheitsbeauftragten nach dem Medizinproduktegesetz §30 signifikant. Das MPG ist mit Eintritt der MDR ohnehin nicht mehr gültig.
  • Art. 45 Die benannte Stelle überprüft auch die Technische Dokumentation.
    Das war bisher in diesem Umfang nicht gefordert
  • Art. 83 Während der Überwachung des Herstellers nach dem Inverkehrbringen (der PMS – Post Market Surveillance) aktualisiert der Hersteller die Technische Dokumentation laufend.

Detaillierte Vorgaben zur Technischen Dokumentation in der MDR sind dann noch im Anhang II und Anhang III zu finden.

Struktur der Technischen Dokumentation nach MDR – Anhang II

In Anhang II wird nun eine konkrete Struktur der Technischen Dokumentation gefordert, die fast vollständig dem STED Format entspricht.
Wir haben die Anforderungen für Sie in dieser Checkliste zusammengefasst.

Alle genaueren Erläuterungen können am einfachsten der MDR selbst entnommen werden.
Hier der Link zur pdf Version mit Links zu den Kapiteln. Hier können Sie unter diesem Link auf Anhang II springen.

Im Kurzformat ist damit folgende Struktur gefordert:

  1. Eine Produktbeschreibung und Spezifikation mit allen Varianten und Zubehörteilen
    1. Beschreibung des Produktes, dessen Spezifikation und weitere Angaben zum Produkt wie dessen Name, UDI Kennzeichnung, Klassifizierung und weiteres
    2. Hinweis auf frühere Produkte (vom gleichen Hersteller, auf anderen Märkten usw.)
  2. Auflistung von Teilen, die vom Hersteller mitgeliefert werden müssen
  3. Informationen zur Herstellung des Produkts
  4. Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen (Essential Principles)
    Das ist wie bisher auch bei der MDD der Nachweis, dass die Anforderungen aus Anhang I erfüllt werden
  5. Risikomanagement mit Analysen
  6. Verifizierung und Validierung des Produkts
    1. Klinische Daten und Vorklinische Daten (Nach Anhang XIV)
    2. Zusätzliche Informationen (z.B. bei resorbierbaren Stoffen, Gewebe und Zellen menschlichen oder tierischen Ursprungs, Produktionsangaben bei sterilen Produkten usw.)

Marktbeobachtung nach MDR – Anhang III

Die MDR fordert im Anhang III eine sehr spezifische Struktur von einem bestimmten Teil der Technischen Dokumentation.
All die Dokumentation, die nach Anhang II im vorherigen Kapitel beschrieben wird, kann zunächst als abgeschlossen betrachtet werden, wenn erst einmal die Entwicklung erledigt ist.

Natürlich muss diese dann, wie die MDR auch mehrfach erwähnt, weiter aktuell gehalten werden.

Die Dokumentation nach Anhang III ist aber nochmals spezieller – denn hier soll, vollkommen separat, die Dokumentation über die Marktbeobachtung geführt werden.
Das macht es deutlich einfacher die Hersteller zu kontrollieren. Behörden können damit außerdem separat die Technische Dokumentation zur Marktüberwachung anfordern.

Dieser Teil soll außerdem sämtliche Pläne beinhalten, die vom Hersteller zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen verlangt werden.
Außerdem ist dort der Sicherheitsbericht enthalten. Den Sicherheitsbericht müssen alle Hersteller außer von Klasse I Produkten regelmäßig erstellen.

Klnische Bewertung nach MDR – Anhang XIV

Im Anhang XIV der MDR werden alle Anforderungen an klinische Bewertungen (in Teil A) und die klinische Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post Market Clinical Follow up – PMCF in Teil B) angegeben.

Unter anderem wird dort auch genauer beschrieben ab wann eine Äquivalenz von anderen Produkten als nachgewiesen angesehen werden kann.

In Teil A (4) wird festgelegt dass die gesamte klinische Bewertung und die Beweisführung teil der Technischen Dokumentation ist. Außerdem sollen sowohl vorteilhafte als auch nachteilige Ergebnisse Daten aus der klinischen Bewertung dort enthalten sein.

Kurz gesagt sollen also alle Daten und die klinische Bewertung in vollem Umfang in der Technische Dokumentation enthalten sein.
Da die Technische Dokumentation in Zukunft deutlich stärker geprüft wird ist dabei also auch eine viel stärkere Kontrolle der klinischen Bewertungen vorgesehen.

Vergleich Medical Device Regulation und STED Format

Das STED (STED = Summary Technical Documentation) Format wurde 2011 von der GHTF (Global Harmonization Task Force) entwickelt und publiziert und wurde jetzt als Vorgabe für die Struktur einer Technischen Dokumentation größtenteils in die Medical Device Regulation übernommen

Der internationale Zusammenschluss GHTF wurde 1993 gegründet und bestand aus Teilnehmern aus der EU (vor 1993 noch EWG), den USA, Kanada und Japan.
Es wurden mehrere Studiengruppen gebildet mit eigenen Schwerpunkten. Mehr zur Geschichte der GHTF findet sich auf der Webseite der IMDRF. IMDRF (International Medical Device Regulators Forum) ist der Nachfolger der GHTF.

Hinweise zu diesen Gruppen finden sich auch in der MDR unter (5). Dort wird erwähnt, dass den von der GHTF entwickelten Leitlinien bei der Umsetzung dieser Verordnung so weit wie berücksichtigt wurden.

Die GHTF war damals der erste Zusammenschluss einer Expertengruppe, die Stellungnahmen und Empfehlungen veröffentlichte.
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von weiteren Interessensgruppen, die ebenfalls Empfehlungen, Stellungnahmen und Leitlinien herausgeben:

  • MEDDEV Dokumente werden von der Europäischen Kommission herausgegeben.
    Sie richten sich an Hersteller und Benannte Stellen. Sie sind nicht bindend – ähnlich den FDA Guidances.
  • NBOG Dokumente werden von der Notified Body Operations Group (NBOG) herausgegeben.
    Diese Gruppe wurde gegründet, da abweichende Interpretationen von Vorgaben zwischen den benannten Stellen beseitigt werden sollten. Den Vorsitz der Gruppe hat die Bundesoberbehörde ZLG inne.
  • IMDRF Dokumente vom Nachfolger der GHTF
  • EK-Med Antworten und Beschlüsse, die von der Bundesoberbehörde (also der Zentrallstelle in Deutschland für Medizinprodukte und Arzneimittel) herausgegeben werden. Der EK-Med bedeutet Erfahrungsaustauschkreis
  • Hinweise des BfArm

Der Ursprung des STED Format

Die ursprüngliche Version des GHTF Dokuments zum STED Format hatte damals eine andere Zielsetzung.

Es ging vor allem darum, die Struktur von bei Behörden eingereichter Technischer Dokumentation zu vereinheitlichen. Daher kommt auch der Name selbst, das Summary […]. Zu Beginn war hierbei nämlich nicht geplant, eine vollständige Struktur der Technischen Dokumentation vorzugeben.

Diese Ergänzung wurde jetzt durch die MDR vorgenommen, und der Rahmen der Struktur kaum verändert.

Durch die Vorgaben in Anhang II und Anhang III ist damit die Struktur einer vollständigen Technischen Dokumentation definiert.
Über das bisherige STED Format hinaus.


(21.11.2017)
aktualisiert am 01.12.2017: Anhang XIV
aktualisiert am 14.01.208: Link zur englischen MDR als pdf ergänzt
aktualisiert am 08.05.2018: Ergänzung von Begriffen und Erklärungen zur Technischen Dokumentation
aktualisiert am 26.09.2018: Verweis auf die MDR STED Checkliste eingefügt

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Foto: simpix / photocase.de